Segelbezeichnungen Teil 2
Einführung
Etwas widersprüchlich waren die Bezeichnungen bei den Vorsegeln, die wir uns in der vergangen Woche angesehen und erklärt haben. Bei den Segeln „hinter dem Mast“ ist die Auswahl zum einen nicht sehr groß, zum anderen sind die Bezeichnungen eindeutiger.
Dennoch wollen wir, der guten Ordnung und der Vollständigkeit halber, uns auch diese Segel im Einzelnen ansehen.
Da es bei diesem Bericht in der ersten Linie um die Bezeichnungen der Segel geht und weniger um Ihre Funktion, wollen wir auch die Untergruppen nicht vergessen. Den Anfang macht selbstverständlich das Großsegel, deckt es doch sicher über 95% aller Einsatzbereiche ab.
Großsegel
Es ist nahezu immer im Einsatz und wird nur in extremen Situationen durch andere Varianten ersetzt.
Das Großsegel nutzt die gesamte Vorlieklänge (Maß – P) und das max. mögliche Unterliekmaß (Maß – E) aus. Die Größe des Großsegels wird auf klassischen Yachten nur durch das Achterstag begrenzt.
Das besondere an einem Großsegel ist die Möglichkeit, die Segelfläche ohne Profil- und Standverluste zu variieren. Je nach Yacht, Revier, Crew und auch der vorherrschenden Welle wird ein Großsegel bis ca. 20Kn wahrem Wind mit seiner vollen Größe genutzt. Erst bei mehr Wind kommen die Reffreihen zum Einsatz. In der Regel ist ein Großsegel für eine Fahrtenyacht mit 2 oder ggf. auch 3 Reffreihen ausgerüstet.
Die erste Reffreihe verkleinert das Segel um ca. 25% und wird bis ca. 25Kn Wind eingesetzt. Die nächste Verkleinerung erfolgt über die zweite Reffreihe, diese reduziert die Segelfläche hinter dem Mast um weitere 30 bis 35%.
Da das Großsegel im Gegensatz zu allen anderen Segeln auf allen Kursen gefahren wird, muss es über echte Allroundeigenschaften verfügen und sehr gut trimmbar sein.
Gerade in den letzten Jahren haben viele Yachtkonstrukteure ihre Modelle ohne ein Achterstag gezeichnet. Dies ist durch den Einsatz von stark gepfeilten Salingen möglich geworden. Dies war eine entscheidende Voraussetzung für eine neue Untergruppe der Großsegel. Bekannt geworden sind sie unter Namen wie Squaretopp oder Fathead. Gemeint sind damit Großsegel, die nicht mehr an ein Dreieck erinnern, sondern eher an ein Trapez. Durch den weit ausgestellten Segelkopf, bis zu 40% der Unterlieklänge wurden schon produziert, werden deutlich bessere Widerstandswerte erreicht.
Rollreffgroßsegel
Das genaue Gegenteil ist das Rollreffgroßsegel, hier handelt es sich nicht um ein eigenständiges Segel, sondern um die erste und bei weiten wichtigste Untergruppe der Großsegel. Ein Rollgroßsegel kann als erste Möglichkeit in den Großbaum gerollt werden. Da sich dieser Einsatzbereich aber, wenn überhaupt, nur auf sehr großen Yachten über 75“ bewährt hat, wollen wir diese Ausführung nicht weiter betrachten.
Viel wichtiger und mit einem deutlichen Prozentsatz am Yachtmarkt vertreten ist das Rollsegel in den Mast. Es nutzt ebenfalls die maximale Vor- und Unterlieklänge, hat aber keine fest eingearbeiteten Reffreihen und in der Standardausführung einen großen Flächenverlust durch ein konkav geschnittenes Achterliek. Dieser konkave Segeltyp wird heute nur noch als Werftstandard oder für Charteryachten geliefert.
Auf Yachten von Privateignern werden KonvexMain Rollreffsegel (KMF) gefahren. Diese zeichnen sich durch vertikale, unbedingt durchgehende Segellatten aus. Das KMF wird dann, wie ein normales Großsegel auch, mit einem konvexen Achterliek geschnitten. So wird ein gut stehendes Segelprofil mit akzeptablem Vortrieb erreicht. Die Segelleistung entspricht zwar nicht ganz dem „normalem“ Großsegel, dafür vereinfacht sich die Bedienung deutlich.
Schwedensegel
Woher der Name ganz genau kommt, ist nicht mehr ganz klar, aber es dürften wohl Segler aus Schweden gewesen sein, die als erste solche Segel verwendeten. Das Schwedensegel ist ein Segel für Weltumsegler, die in Regionen vorstoßen wollen, welche nicht auf der Barfußroute liegen. Es ist extrem schwer verarbeitet, und ähnelt in dieser Beziehung einem Trysegel.
Es ist mit diesem Segeltyp aber ansonsten nicht vergleichbar. Das Schwedensegel hat nämlich die Liekmaße eines normalen Großsegels, wird aber ohne Segellatten gefahren. In aller Regel besitzt es 3 Reffreihen, die sehr hoch eingebaut sind. Befindet man sich nun auf einer Weltumseglung und kommt in die Gebiete, in denen mit schwerem Wetter gerechnet werden muss, zum Beispiel Patagonien, Neufundland, Spitzbergen, Süd Neuseeland usw., baut man sein normales Großsegel ab und schlägt das Schwedensegel an.
Natürlich segelt das Boot jetzt deutlich langsamer, dafür ist das Großsegel vorgerefft und von der Verarbeitung her allen, jetzt ja erhöhten Anforderungen gewachsen. Die Reparaturen, in entlegenen Gebieten immer ein Problem, werden sich deutlich in Grenzen halten und für den Langfahrtsegler ganz wichtig: Das normale Großsegel wird vor den extremen Bedingungen geschützt und für spätere Einsätze geschont.
Trysegel: Ein Trysegel findet man heute fast nur noch auf Offshore Regattayachten. Hier sind diese besonderen Segel als zusätzliches Ausrüstungsteil zwingend vorgeschrieben. Ferner werden noch vereinzelt Fahrtenyachten, die in äußerst extremen Regionen unterwegs sind, mit einem Trysegel bestückt.
Ein Trysegel nutzt bei weitem nicht die am Mast und Großbaum vorhandenen Möglichkeiten für die Lieklängen aus. Als solide Formel für die Flächenberechnung dient auch hier die Vorgabe der ISAF Sicherheitsrichtlinien.
Die Formel lautet: max. 0,175 x (P) x (E).
Dabei sind dann noch verschiedene Material-, Farb- und Verarbeitungsrichtlinien der ISAF zu beachten.
Üblicherweise wird das Trysegel nicht an der für das Großsegel vorgesehenen Mastnut oder Schiene gesetzt. Ein Trysegel hat sinnvollerweise eine eigene, bis fast an Deck reichende Mastschiene. So kann das Segel bereits deutlich vor einem aufziehenden Sturm angeschlagen und dann schnell gegen das Großsegel getauscht werden. Waren früher Trysegel durchaus auf Fahrtenyachten üblich, sind sie heute durch feste Materialien bei dem Standard Großsegel und durch die Schwedensegel weitgehend verdrängt worden.
Besan
Abschließend und der Vollständigkeit halber soll hier noch auf den Besan hingewiesen werden. Als „kleiner Bruder“ des Großsegels wird er am zweiten Mast, dem Besanmast gefahren. In Ausrüstung, Einsatzbereich und Eigenschaften unterscheidet er sich dabei so gut wie in keinem Punkt vom Großsegel.